Haftung des Arbeitnehmers:
Dem Grunde nach kommt bei jedem vertragswidrigem Verhalten des Arbeitnehmers, durch das schuldhaft ein Schaden des Arbeitgebers bewirkt wird, ein Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer in Betracht. Derartige Schäden sind nicht unüblich (ein Arbeitnehmer verursacht einen Unfall mit einem Firmenfahrzeug, ein Mitarbeiter installiert eine Schadsoftware, eine Sekretärin trägt einen Termin nicht ein und ein Geschäft kommt deshalb nicht zustande, ein Gerät wird fehlbedient und ein großer Teil des Warenbestandes wird beschädigt usw.), werden aber eher selten zum Anlass genommen Regress beim Arbeitnehmer zu nehmen.
Allerdings gibt es für Arbeitnehmer in solchen Fällen Haftungsprivilegien, denn im Arbeitsleben können schon kleine Unaufmerksamkeiten sehr große Schäden verursachen, die außer Verhältnis zur Vergütung stehen und die wirtschaftliche Existenz des Arbeitnehmers gefährden können.
Voraussetzung für diese Haftungsprivilegien ist, dass der Schaden in Ausübung der geschuldeten Arbeitstätigkeit (und nicht z. B. nur „bei Gelegenheit“) bewirkt wurde. Ist dies der Fall, so gilt:
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Bei leichter Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer gar nicht, d. h. bildlich gesprochen: Der Arbeitgeber bleibt auf seinem Schaden sitzen.
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Bei mittlerer Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer anteilig, d. h. der Schaden wird „geteilt“. Wie hoch die Beteiligungsquote des Arbeitnehmers ist richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei sind z. B. die Schwierigkeit der Tätigkeit, die Wahrscheinlichkeit des Schadensrisikos und die Sicherheitsausstattung des Arbeitsplatzes bzw. Betriebes zu berücksichtigen). Im Zweifel gibt es eine hälftige Teilung des Schadens, d. h. der Arbeitgeber kann die Hälfte beim Arbeitnehmer geltend machen.
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Bei grober Fahrlässigkeit oder gar Vorsatz haftet der Arbeitnehmer unbeschränkt.
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Bei mittlerer und grober Fahrlässigkeit kann es in Ausnahmefällen (in denen die Schadenssumme sehr hoch ist) zu einer Begrenzung der Haftungssumme in der Höhe kommen (wenn der Verdienst des Arbeitnehmers in einem deutlichen Missverhältnis zum Schadensrisiko der Tätigkeit steht).
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Die sich nach den vorgenannten Grundsätzen zu bestimmende Schadensersatzpflicht des Arbeitnehmers reduziert sich, wenn den Arbeitgeber ein Mitverschulden an der Verursachung des Schadens trifft (z. B. wenn der Schaden bei einer fehlerfreien Einweisung des Mitarbeiters nicht entstanden wäre).
Wird ein Arbeitskollege in Ausübung der geschuldeten Arbeit beschädigt, so gilt:
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Der Arbeitnehmer haftet grundsätzlich nicht für Personenschäden (Arzt- und sonstige Heilungskosten, Schmerzensgeld); Streitigkeiten unter Kollegen sollen im Interesse des Betriebsfriedens vermieden werden. Behandlungskosten werden durch die gesetzliche Unfallversicherung getragen. Dies gilt allerdings nicht wenn der Schaden des Kollegen vorsätzlich bewirkt wurde.
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Für Sachschäden von Arbeitskollegen haftet der Arbeitnehmer zwar im Außenverhältnis unbeschränkt, er hat jedoch im Innenverhältnis nach den oben dargelegten Grundsätzen (also abhängig vom Verschuldensgrad) einen Anspruch auf Freistellung gegenüber seinem Arbeitgeber, der also bei einfacher Fahrlässigkeit den gesamten Sachschaden und bei mittlerer Fahrlässigkeit einen Teil davon übernehmen muss.
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Das Vorangestellte gilt entsprechend, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen der Erbringung seiner Arbeitsleistung nicht einen Kollegen, sondern einen Dritten schädigt.
Haftung des Arbeitgebers:
Auch wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen schuldhaft einen Schaden verursacht haftet er, hier greift jedoch keine Haftungsprivilegierung. Schadensfälle treten auch hier nicht selten ein: Der Arbeitnehmer stellt sein Fahrzeug auf dem Betriebsgelände ab, beim Rangieren eines Firmenfahrzeuges wird er beschädigt. Oder: Der Arbeitgeber verabsäumt schuldhaft die rechtzeitige Zahlung der Vergütung, der Arbeitnehmer muss seinen hohen Dispokredit in Anspruch nehmen.
Zu beachten ist, dass der Arbeitgeber auch für schuldhaftes Handeln anderer Arbeitnehmer haftet; diese sind seine sog. „Erfüllungsgehilfen“.
Für einen im Rahmen eines Arbeitsunfalls eingetretenen Personenschaden des Arbeitnehmers haftet der Arbeitgeber nicht, hier gilt das gleiche wie bei der Arbeitnehmerhaftung (s.o.).
In Betracht kommen kann schließlich auch eine verschuldensunabhängige Haftung des Arbeitgebers, z. B. als Gebäudeeigentümer (vom Sturm gelockerte Dachziegeln des Firmengebäudes fallen auf das auf dem Firmengelände geparkte Fahrzeug des Arbeitnehmers) oder ausnahmsweise dann, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen: Weder der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmer haben den Schaden des Arbeitnehmers verschuldet, er ist in Ausübung der betrieblichen Tätigkeit des Arbeitnehmers entstanden, er ist so außergewöhnlich, dass der Arbeitnehmer nicht mit seinem Eintritt rechnen musste und erkennbar auch nicht für die Hinnahme eines solchen Schadens bezahlt wird.
Mithin sollten Sie als Arbeitgeber beachten:
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Verursacht ein Arbeitnehmer einen Schaden, ist nicht „nur“ an eine Abmahnung und bei wiederholter Nichtbeachtung von Arbeitsanweisungen und vorausgegangenen Abmahnungen an eine Kündigung zu denken, sondern auch daran, ggf. Regress bei diesem Arbeitnehmer zu nehmen. Dies kommt grundsätzlich neben einer Abmahnung oder Kündigung in Betracht. Im Rahmen der für den Arbeitnehmer geltenden Pfändungsfreigrenze kann ein solcher Rückgriff auch durch Lohn-/Gehaltsabzug erfolgen.
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Gelten Ausschlussfristen für die Geltendmachung eines solchen Regresses, müssen Sie diese beachten, also je nach dem rechtzeitig schriftlich zum Ersatz des Schadens auffordern und / oder klagen oder gegen die Vergütung aufrechnen.
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Hinreichend deutliche und dokumentierte Arbeitsanweisungen erhöhen die Regressmöglichkeit bei den Arbeitnehmern und senken das Risiko Ihrer eigenen Inanspruchnahme.
Als Arbeitnehmer sollten Sie beachten:
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Ihr Arbeitgeber kann Sie nicht für jedweden Schaden in voller Höhe in Regress nehmen. Möglicherweise sind entsprechende Vergütungsabzüge ganz oder teilweise unbegründet.
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Werden Sie im Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall von einem Kollegen oder Dritten in Anspruch genommen, so sollten Sie prüfen, ob sich Ihr Arbeitgeber nicht an einem Teil des Schadens beteiligen muss.